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Mit jedem Angriff bleibt der 9. November aktuell
Am 9. November zündeten deutsche Nationalsozialisten mehr als 1400 Synagogen an. 91 jüdische Menschen wurden ermordet, 30.000 in die Konzentrationslager Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald verschleppt – viele kehrten nicht zurück. Anlässlich des Gedenktages erklären die Vorsitzenden der Partei Die Linke, Ines Schwerdtner und Jan van Aken, die Vorsitzenden der Gruppe Die Linke im Bundestag, Heidi Reichinnek und Sören Pellmann:
»Der 9. November 1938 gehört zu den Tagen, deren bedrückende Aktualität immer im Missverhältnis zur linearen Chronologie der Geschichte steht – und stehen muss. Er ragt über die Geschichte hinaus und steht in Verbindung mit einer jahrhundertealten Tradition des Antisemitismus im deutschsprachigen Raum. Der Tag ist eng verbunden mit der planvollen Vernichtung und Vertreibung der europäischen Jüdinnen und Juden, die in den Jahren nach 1938 geschah. Und auch heute ist der 9. November in jedem Brandanschlag auf eine Synagoge aktuell.
Wir gedenken heute der Ermordeten: Ohne die Erinnerung an das noch nie dagewesene Menschheitsverbrechen der Shoah ist das Bild auf unsere Gesellschaft unvollständig. Wer den Anspruch auf christliche Nächstenliebe, eine aufgeklärte Gesellschaft, eine Kulturnation oder Land des technischen Fortschritts hat, darf beim Andenken an die Opfer des 9. November nicht schweigen.
Tage wie diese verbieten uns Floskeln. Stattdessen sollten sie Momente der Erinnerung sein und Momente der Reflexion darüber, in welcher Beziehung unsere Gegenwart zur Vergangenheit steht.
Zu Recht wird derzeit auf den dramatischen Anstieg antisemitischer Taten hingewiesen. Diese Taten sind für sich bereits alarmierend. Dass sie vor dem Hintergrund des 9. November, der deutschen Geschichte, stattfinden, macht sie umso empörender und verlangt staatliche und zivilgesellschaftliche Maßnahmen. Wir brauchen entschlossenes, informiertes Handeln von Behörden, genauso wie sicher finanzierte Forschung und Bildung an Universitäten und Schulen. Gedenkstättenfahrten ins europäische Ausland dürfen nicht an fehlender Förderung scheitern. Es braucht eine demokratische Zivilgesellschaft, die gesetzlich und finanziell abgesichert ist. Die Bundesregierung wird ihrem Anspruch dabei nicht ausreichend gerecht. Dass Projekte jedes Jahr um Fördergelder bangen müssen und unter dem Kürzungswahn der Bundesregierung leiden müssen, ist unverantwortlich.
Der demokratische Charakter einer Gesellschaft entscheidet sich an ihrem Umgang mit Minderheiten. Wenn Synagogen, jüdische Einrichtungen oder Jüd*innen persönlich angegriffen werden, stellen wir uns vor und neben sie. In unserer Gesellschaft darf es keinen Platz für Antisemitismus geben.«